Tränen der Medaillen-Freude

Jessica Pilz ist am Ziel ihrer Träume angelangt. In den letzten Jahren hat die in Innsbruck lebende Niederösterreicherin als Vorzeigeathletin den heimischen Klettersport geprägt.

Nun, bei den Olympischen Spielen in Paris 2024, hat sich die 27-Jährige mit dem Gewinn der Olympia-Bronzemedaille selbst ein Denkmal gebaut. Hinter dem Erfolg steckt jahrelange Arbeit und das große Finale war am Samstag definitiv nichts für schwache Nerven, der Druck hoch.

 

„Natürlich hat man etwas mehr Druck, wenn man als vorletzte Athletin in die Lead-Entscheidung geht. Bei der Weltmeisterschaft in Bern war es im letzten Jahr genau umgekehrt, das habe ich persönlich ein bisschen feiner gefunden. Da vier Sportlerinnen ganz nah zusammen waren, war das im Lead für mich schon ein kleiner mentaler Rucksack, den ich mitgetragen habe. Ich wusste, dass ich die einzige Lead-Spezialistin bin. Ai Mori war so die große Unbekannte. Ich wusste, dass sie noch brandgefährlich wird. Das hat sich auch gezeigt“, verrät Jessica Pilz.

 

Olympische Spiele sind anders, das hört man Tag für Tag von den verschiedenen Athlet:innen. Das rot-weiß-rote Kletter-Ass hat sich mit dem speziellen Rahmen im Zeichen der fünf Ringe aber gut zurechtgefunden und einmal mehr ihre mentale Stärke bewiesen. „Ich habe versucht mir einzureden, dass es kein großer Wettkampf ist. Ich wollte einfach meine Bestleistung zeigen. Ich bin im Semifinale echt gut reingestartet, es ist mir praktisch leicht von der Hand gegangen. Denselben Zugang habe ich versucht im Finale zu wählen, es ist gut aufgegangen. Man hat beim Bewerb der Herren gesehen, dass alles eng ist und bis zum Schluss spannend sein kann. Das hat mir geholfen und mich mental geschärft“, erklärt die in Innsbruck lebende Niederösterreicherin und ergänzt: „Ich habe mich in den letzten Tagen oft zurückgezogen. Jakob spricht nach seinen Bewerben immer sehr viel über seine Runden, analysiert alles im Detail. Dadurch verarbeitet er alles. Ich bin da ein anderer Typ. Manchmal war es mir zu viel und ich bin oftmals ins Zimmer gegangen und habe einfach nur Musik gehört.“

 

Finish auf Messers Schneide

 

„Ich hatte echt Angst, dass ich Vierte werde. Es sind so viele gute Athletinnen wie Natalia (Anm.: Grossman) und Miho (Anm.: Nonaka) nicht ins Finale gekommen. Das Niveau war sehr hoch, von dem her, war die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ich leer ausgehe – unabhängig von meiner Performance. Als ich dann im Lead geflogen bin, habe ich schon gewusst, dass es schon sehr gut war und dass ich viele Punkte geholt habe. Aber natürlich weiß man nicht genau, wie weit die anderen gekommen sind. Als die Medaille dann klar war, bin ich zu den Coaches. Ich wollte einfach einmal jemanden in den Arm nehmen und das war halt so die erste Reaktion, dass man zu bekannten Leuten rennt.“ 

 

Aber auch zum Goldstück von Janja Garnbret (SLO) hat Pilz eine klare Meinung: „Sie war schon angespannter, also so angespannt habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich in Tokio das letzte Mal. Man hat gemerkt, dass sie gewinnen muss und sie das auch weiß. Sie ist auch im Lead nicht gut geklettert, sie war einfach komplett verkrampft. Aber es nachvollziehbar, die externe Erwartungshaltung baut oft Druck auf. Sie definiert ihre Highlights und nimmt nur an ausgewählten Wettkämpfen teil. Ein Weltcup-Sieg mehr oder weniger ist dann bei ihr wohl schon egal. Aber Olympia ist ihr wichtig, das hat man gesehen.“

 

Die Überraschung des Tages gab es direkt nach dem Wettkampf per TV-Liveschalte in die Heimat: „Das mit der Fan-TV-Schaltung war cool. Es waren einige Teamkolleg:innen und Freunde im Bild. Das war richtig cool. Vor allem, wie sie sich mit mir mitgefreut haben. Eine super Idee, die dem Erfolg eine persönliche Nuance verleiht.“

 

L.A.-Teilnahme 2028 nicht ausgeschlossen

 

Wird man die 27-Jährige auch bei den nächsten Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 am Start stehen? „Ich habe da eine ähnliche Einstellung wie Jakob. Wenn es in Los Angeles 2028 Lead als Einzeldisziplinen gibt, kann ich mir gut vorstellen, dass ich das noch in Angriff nehme. Ob ich die Kombination aus Bouldern und Lead noch einmal vier Jahre mitmachen würde, kann ich jetzt noch nicht sagen.“

 

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